Allgäuer Spektakel

Endlich war es mal wieder soweit! Simon – mein langjähriger Bikebuddy und Touren-Veteran – und ich machten mal wieder eine gemeinsame Tour. Das ganze hat es sich recht spontan ergeben und wir hatten nur drei Tage Zeit. Aber es wäre ja gelacht, wenn drei Tage nicht ausreichen würden eine anständige Tour auf die Beine zu stellen!

Und so fuhren wir einen Quickie im Voralpenland. Genauer gesagt ging es ins Allgäu und nach Vorarlberg und somit in die deutsch-österreichische Grenzregion.

Für mich war die Tour größtenteils noch unbekannt, aber eben nur größtenteils und ich freute mich wahnsinnig auf das Wiedersehen mit dem Teil, den ich bereits durch meine zweite Transalp kannte. 

Quick Facts

Gefahren vom 7. bis 9. August 2020
Immenstadt (im Allgäu) – Immenstadt (im Allgäu)
212 Kilometer / 5.706 Höhenmeter / 17:57 Stunden auf Achse (reine Fahrzeit)

1. Tag - 7. August 2020

Immenstadt (im Allgäu) – Berghaus Schwaben (Bolsterlang)

75,27 Kilometer / 2.182 Höhenmeter / 6:32 Stunden auf Achse

Ursprünglich ist der erste Tag als Anreisetag gedacht gewesen und hatte auf der Tour, die wir uns rausgesucht haben, nur knapp 20 Km und 1.100 Hm. Wir starteten aber bereits früh am Morgen und nahmen uns daher vor die Tagesetappe zu erweitern.

Immenstadt als Ausgangspunkt bietet durch die Nähe zum Naturpark Nagelfluhkette viele Möglichkeiten, wir entschieden uns allerdings gegen die vielversprechenden Trails durch das Landschaftsschutzgebiet und für einen Verlauf, entlang am nördlichen Rand des Naturparks bis nach Hittisau. Von dort aus, unterhalb der Nagelfluhkette, ging es dann bis nach Gunzesried-Säge. Ab dort waren wir dann wieder auf der eigentlichen Route bis zum Berghaus Schwaben unterwegs.

Abgesehen vom letzten Teil des Weges zum hoch zum Weiherkopf wäre die heutige Tour auch ideal für Gravelbiker gewesen. Es gab keine nennenswerten Hindernisse und der Untergrund war eigentlich immer gut fahrbar – für uns schon fast ein wenig langweilig und nahezu erholsam.

Die letzten 300 Hm zum Weiherkopf waren dann aber doch recht anspruchsvoll und weder für Simon noch mich fahrbar. Wir rollten also wo es zu rollen ging und schoben wo es sich nicht vermeiden ließ. Ab der Bergstation des Weiherkopfs ging es dann aber auch für uns wieder fahrbar bergab – und zwar über einen Wanderweg, der mehr technisches Geschick erforderte als wir erwartet haben. Einige knackige Serpentinen, gepaart mit zahlreichen Stufen auf den geraden Abschnitten hellten diesen sonst eher ereignislosen Tag noch auf. Im unteren Teil war der Weg nur noch eine Art Forstweg, der uns über einen letzten Anstieg von knapp 50 Hm dann auch zu unserem Tagesziel führte: dem Berghaus Schwaben.

Das Tag war keineswegs schlecht, ganz im Gegenteil. Wir nutzen die Zeit um in Erinnerungen zu schwelgen und die Landschaft zu genießen. Nur technisch war heute wenig erwähnenswertes dabei, was sich aber am nächsten Tag ändern sollte.

2. Tag - 8. August 2020

Berghaus Schwaben (Bolsterlang) – Warth (AT)

51,61 Kilometer / 1.936 Höhenmeter / 5:42 Stunden auf Achse

Der bei weiten beste Tag dieser kurzen, knackigen Tour.

Wir starteten nach einem ausgiebigen Frühstück und entspannt um halb zehn – wir wussten ja, dass uns heute nicht so viele Kilometer erwarten würden. Direkt von der Hütte führte der Weg uns den ersten Anstieg hinauf auf 1.631 Metern und von dort aus wieder abwärts vorbei an der Liftanlage Grasgehren in Richtung Riedbergpass. Erst über Wander- und Schotterwege, später dann auf Asphalt und nach dem Pass dann wieder auf Schotter- und Wanderwegen. Vorbei an der Alpe Schönberg ging es wieder bergauf. Die Abwechslung am frühen Vormittag war gut, gepushed davon waren wir guter Dinge, dass wir heute noch den ein oder anderen erstklassigen Trail unter die Stollen bekommen würden.

 

Und tatsächlich ließ der nächste Trail nicht lange auf sich warten. Der Trail hinunter nach Rohrmoos war super! Technisch, ruppig, immer wieder verblockt und mit zahlreichen Stufen, kurz: schön und anspruchsvoll. Die letzten Meter nach unten in den Ort nutzte Simon um sich das Bike gleich zwei mal unterm Hintern wegrutschen zu lassen und auf der noch feuchten Wiese weiter zu schliddern.

Einziges Manko dieses Abschnitts waren E-Biker, die ihr Bikes den Trail runter schieben mussten, was uns den Flow kostete.

Kurz hinter Rohrmoos ging es links über den Hörnlegraben wieder in den Wald und weiter bergauf. Auf einem Weg, der mal asphaltiert und mal geschottert war, ging es bergauf und bergab. Der Abschnitt war nicht so ereignisreich, aber trotzdem landschaftlich schön. Die ganze Zeit befanden wir uns im Grenzgebiet und waren mal in Österreich und mal in Deutschland.

 

Bei der Schrattenwangalpe ging es nach einer kurzen Abfahrt nochmal in einen Gegenanstieg, der es in sich hatte. Wieder „oben“ angekommen verlief der Weg erst auf Schotter, dann kurz über einen Holzbohlenpfad, bevor es auf Trails und Schotterwegen die nächsten 350 Hm abwärts ging. Weitere 150 Hm vernichteten wir mal auf Asphalt und mal auf feinen Schotter, bis wir den tiefsten Punkt bei Faistenoy erreichten. Mal abgesehen von den Wanderern, denen wir (und die uns) ausweichen mussten, war die Abfahrt technisch eher einfach aber schnell und machte Spaß.

Das Highlight des heutigen Tages – den Schrofenpass – peilten wir an, irgendwann im Laufe des Nachmittages zu erreichen. Wir hatten es ja nicht eilig. Aber das sich der Weg von Faistenoy bis zur Speicherhütte (hinter welcher der Einstieg in den Pass beginnt) so ziehen würde, haben wir nicht geahnt. Simon ist den Pass zuvor drei mal und ich ein mal gefahren und wir beiden konnten uns nicht daran erinnern, dass die knapp zwölf Kilometer und 560 Hm so fordernd sein würden. Freilich spielte aber auch die Tatsache eine Rolle, dass wir das Stillachtal bei 30 Grad und mit kaum einer Wolke am Himmel durchquerten.

Hinter der Speicherhütte kann man den Weg schon bald nicht mehr fahren und irgendwann wird sogar das Schieben zu einer Herausforderung und wir haben die Bikes stellenweise getragen. Im Vergleich zu anderen, ähnlichen Passagen, empfand ich diese Herausforderungen am Schrofenpass aber eher als angenehm. Man bewegt sich die ganze auf dem Trail, in der Felswand, es geht über provisorisch wirkende Leitern und abgebrochene Kanten. Zum Teil geht es einige hundert Meter in die Tiefe. Aber dennoch hat dieser Blick in die Weite und der langsame aber stetige Anstieg etwas sehr anmutiges und beruhigendes.

Nach dem eigentlichen Pass geht es südwärts auf einem sagenhaften Trail wieder abwärts. An wenigen Stellen ist der Trail steil, aber eigentlich die ganze Zeit fahrbar (eine angemessene Geschwindigkeit vorausgesetzt). Immer wieder gibt es recht ruppige Abschnitte, die uns fordern und – wenn man zu langsam ist – auch mal zum Stehenbleiben zwingen. Hier wurde neben unseren Federelementen auch unseren Konzentration ordentlich gefordert.

Am unteren Ende (auf der Karte war dort ein Bach verzeichnet, den ich aber nicht gesehen habe) trafen wir auf eine Gabelung. Das Navi sagte links, aber wir entschieden uns den nach Warth ausgeschilderten Wanderweg rechts zu fahren – und es war eine sehr gute Wahl. Der Trailabschnitt war weniger ruppig als die Passagen zuvor, aber unglaublich flowig und es hat richtig viel Spaß gemacht den Trail zu fahren. Unterhalb des Trails verlief dann irgendwann der Weg, gegen den wir uns entschieden haben (und es war, wie gesagt, die richtige Wahl).

Wir rollten durch Lechleiten, ließen den Ort hinter uns und fuhren den nächsten Anstieg (ca. 100 Hm) bis nach Warth hinauf, wo sich unser Tagesziel befand. 

3. Tag - 9. August 2020

Warth (AT) – Immenstadt (im Allgäu)

85,36 Kilometer / 1.588 Höhenmeter / 5:43 Stunden auf Achse

Für heute nahmen wir uns vor früh zu starten, was uns allerdings nicht so gut gelang.

Um halb zehn verließen wir erst das Hotel und wenige Minuten später dann Warth in Richtung Westen. Noch im Ort machten wir uns an den Anstieg über einen Wanderweg, parallel zur Straße, die durch das Tal führt. Irgendwann wurde aus dem kurzen Anstieg eine noch kürzere, aber sehr schöne Abfahrt. Nördlich des Karhorngipfels pedalierten wir so bis auf über 1.700 Metern (nahe der Auenfeld-Hütte) hoch. Ab dann ging es nur noch abwärts – und zwar wieder über 800 Hm nach unten. Das „Highlight“ dieser Abfahrt war – wenn man das so nennen möchte – der geschotterte, erste Abschnitt. Später ging es erst auf asphaltierten Wirtschaftswegen und zu guter Letzt (ab Schröcken bis nach Au) auf einer recht stark befahrenen Straße (zum Teil durch Tunnel) weiter. Das machte, verhalten formuliert, keinen Spaß.

 

In Au ging es rechts ab und dann erst wieder über Asphalt und zum Schluss dann über Schotter wieder bis auf 1.500 Meter hoch – und wieder in praller Sonne, bei wenig Wind und 30 Grad. Oben auf dem Stoggersattel angekommen machten wir eine kurze Pause, bevor es auf Schotterpisten und Waldautobahnen wieder bis auf 1.100 Meter runter ging. Die Abfahrt war sehr schnell und gut fahrbar, technisch aber nicht anspruchsvoll. Unten angekommen erwarteten uns immer wieder kleinere Abfahrten und Gegenanstiege. So zog sich der Weg die nächsten 13 Km hin, bis es nach dem Rohrmoossattel gedehnt auf Asphalt bergab überwiegend ging. In Fischen sind wir dann über die Iller links auf einem Schotterweg die verbleibenden 16 Km bis nach Immenstadt gefahren. Dieser Radweg war kein Highlight, ließ sich aber angenehm fahren und wenn man Zeit und (oder) Lust gehabt hätte, hätte man auch noch entspannt ein Bad in der Iller nehmen können. Wir aber waren kaputt von der Tour und wollten nur noch zurück nach Immenstadt.

Der Tag für sich genommen hätte auch sehr gut der erste Tag einer Transalp sein können: recht ereignislos, viele Kilometer und man sieht die ganze Zeit die Berge ohne sie richtig zu spüren.

An- und Abreise

Start und Ziel der Tour war Immenstadt im Allgäu. Das ersparte uns die Suche nach Alternativen, die uns zurück bringen würden (und freilich wäre es sonst auch keine Rundtour geworden). Angereist sind wir mit dem Auto (bis nach Immenstadt) und haben es dann dort für die nächsten drei Tage auf einem öffentlichen, unbewachten aber kostenfreien Parkplatz abgestellt. Der Parkplatz befindet sich am Ortseingang zwischen Immenstadt und Immenstadt-Stein.

Alternativ wäre eine Anreise mit der Deutschen Bahn möglich, jedoch in unserem Fall unpraktisch gewesen. Neben dem Equipment für die Tour hatte ich auch noch andere Sachen dabei und hätte mir für die Zeit ungern ein Schließfach (o.a.) nehmen wollen.

Vorbereitung & Organisation

Die Grundlage für diesen sportlichen Kurztrip hat Simon beim Mountainbike-Magazin gefunden. Da der erste Tag der Tour uns allerdings ein wenig kurz erschien, haben wir die Anfahrt zum Berghaus Schwaben noch um eine Runde um die Nagelfluhkette erweitert. 

Fazit

Die Tour war kurz und anspruchsvoll. Letzteres lag aber vor allem an den Wetterbedingungen. An den drei Tagen war es immer gut 30 Grad warm und es waren kaum Wolken am Himmel. Ich habe so viel Flüssigkeit verloren, dass ich Tage später immer noch das Bedürfnis hatte sehr viel zu trinken.

Im Großen und Ganzen war es eine tolle Tour, die – bis auf den zweiten Tag – technisch nicht hoch-anspruchsvoll gewesen ist. Alle Tage waren aber durch Eindrücke dieser wunderbaren Landschaft, die Stille in den Bergen, die Dunkelheit bei Nacht und das Gefühl von Freiheit geprägt. Konditionell war der Kurztrip ins Allgäu eine gute Vorbereitung auf die nächste Transalp und hat mir nochmal den Respekt vor dieser Tour gebracht.

 

Ich bin vor allem aber entsetzt darüber gewesen, wie viele Menschen sich im Allgäu auf E-Bikes fortbewegen. Geschätzt waren von allen Bikes, die ich dort gesehen habe, 90% E-Bikes. Ich betrachte E-Bikes aus einer Vielzahl von Gründen argwöhnisch und für mich kommt eine solche Tour auf einem E-Bike nicht in Frage. Diesen Anspruch teilen gewiss (und ganz offensichtlich) andere Leute nur eigeschränkt oder gar nicht. Das ist auch in Ordnung. Von einigen Ausnahmen abgesehen war der Kontakt in den allermeisten Fällen okay und man begegnete sich mit der notwendigen Rücksicht. Wenn dann aber Menschen im Boost-Modus die Berge hoch knallen, um dann ihre Bikes die Trails runter zu schieben und uns dann zurechtweisen, wenn wir sie bergab überholen, sinkt mein Verständnis für diese Gattung Biker verloren.

In den letzten Jahren hat sich der Tourismus in den Alpen gewandelt und natürlich trage ich durch die Touren, die ich fahre und vielleicht auch durch meinen Blog in irgendeiner Art und Weise zu diesem Wandel bei. Mir geht es nicht darum zu behaupten, das eine Gruppe besser als die andere sei. Welche Art der Fortbewegung man wählt steht jeden frei – und das ist auch gut so – aber man sollte ein realistisches Gefühl dafür haben und nicht partout alles fahren wollen, nur weil es z.B. das Fahrrad technisch kann (der Fahrer oder die Fahrerin aber nicht). Das ist gefährlich, rücksichtslos und respektlos gegenüber den Leuten, die diese Wege fahren können.

Anmerkung
Die Nagelfluhkette liegt im gleichnamigen Naturpark und ist ein Landschaftsschutzgebiet. Wie man sich dort zu verhalten hat, ist relativ eindeutig formuliert. In der Zeit, bevor wir die Tour gefahren sind, gab es vor allem in der Region immer wieder Probleme touristischer Natur. Vereinfacht gesagt liegt das unter anderem daran, dass aufgrund der Reisebeschränkungen im Zuge der COVID-19-Pandemie mehr Menschen als gewöhnlich „Urlaub vor der Haustür“ machen. Das führte letztendlich dazu, dass immer mehr Menschen sich die Wege in der Natur teilen und jeder seine eigenen Interessen gewahrt wissen möchte. Das das aber nur geht, wenn man auch selber Einschränkungen in Kauf und Rücksicht auf andere nimmt, wird in manch hitziger Situation womöglich vernachlässigt. Auch aus diesem Grund sind wir die Tour anders gefahren, als wir ursprünglich geplant haben.

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